„Eigentlich weiß man nur, wenn man wenig weiß. Mit dem Wissen wächst der Zweifel.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Sehr geehrte Leserschaft,

in den letzten Tagen denke und verwende ich ein bestimmtes Wort mit immenser Häufigkeit! Das Wort heißt „eigentlich“.

Ich weiß nicht, ob ich das gut finde.

Vor 15 Jahren – als ich noch jung und voller Energie war – war mein Lieblingswort: „sowieso“! Meine allererste Email-Adresse (damals, als ich noch kein Internet zuhause hatte, und mir in einem Internetcafé zu meinem reinen Amüsement so ein lustiges Internet-Postfach zulegte und alle paar MONATE nachsah, ob jemand geschrieben hatte) lautete „sowiesohanna@…“ (ich war damals ziemlich sauer, dass irgendjemand anderes schon hanna@… belegt hatte. Von all den 100 Leuten im Internet! Ausgerechnet!). Ich war Sowiesohanna! Passte sogar noch besser.

Und jetzt bin ich eigentlichhanna@selbstzweifel.de, oder was?!

Haha! Ich habe gerade einmal nachgeschaut und www.selbstzweifel.de gibt es tatsächlich! Schön.

Die Seite ist der Eingang zu einer anderen Seite. Die andere Seite ist aber verwaist, seit 2007. Wahrscheinlich wegen der Selbstzweifel. Oder aber wegen der mangelnden Resonanz. Man weiß es nicht. Eigentlich schade.

Aber ich kann es verstehen. In Zeiten in denen Zeit immer knapper wird denkt man sich irgendwann: wieso mache ich das eigentlich?Wenn dann das Leben keine guten Antworten parat hat, hört man eben auf.

Was bedeutet eigentlich „eigentlich“?

Eigentlich eine gute Idee.

Eigentlich eine gute Idee.

Dazu müssen wir uns zuerst den Star des Wortes, nämlich „eigen“ anschauen. Das etymologische Wörterbuch sagt:

eigen Adj. ‘jmdm. (als Besitz) gehörend’, dann ‘einer Person oder Sache ausschließlich zukommend, für sie charakteristisch’ und daher auch ‘von besonderer Art, seltsam’, ahd. eigan (8. Jh.)“

Man hat dann irgendwann weiter gebastelt und ein „-lich“ angehängt. Das etymologische Wörterbuch sagt:

„mhd. eigenlich Adj. ‘eigentümlich, eigen, leibeigen, ausdrücklich’, eigenlīche Adv. ‘als Eigentum, ausdrücklich, bestimmt’“

Und zu guter Letzt hat man noch so ein „t“ mit hineingebracht, wie bei „öffentlich“ oder „ordentlich“, damit wir nicht alle ständig betrunken klingen, wenn wir sagen wollten: „eigenlich sind die öffenlichen Toilletten hier recht ordenlich…..“

Heute bedeutet es:

eigentlich Adj. ‘ursprünglich, wirklich’, als Adverb ‘in Wirklichkeit, genaugenommen’ und häufig partikelhaft ‘denn, überhaupt’“

Eigentlich ist also „eigentlich“ eine Art Rückbesinnung auf die Wurzel, auf den Kern, den Ursprung.

Seltsam. In der Bedeutungserläuterung erscheint das Wort irgendwie stark, ursprünglich, wirklich, das klingt überhaupt nicht so, wie ich es empfinde, wenn ich es sage.

„Eigentlich machen wir das nicht.“, sage ich zum Thronfolger, wenn er eine Kiste mit Bauklötzen umschmeißt. Eigentlich weiß ich, dass ich bereits verloren habe, wenn mir das Wörtchen „eigentlich“ herausgerutscht ist. Das lebt nämlich in wilder Ehe mit dem Zusatz „Aber sei’s drum!“

Eigentlich wollte ich abnehmen...

Eigentlich wollte ich abnehmen…

Ich glaube, diese Beziehung tut dem „eigentlich“ nicht gut. Ich werde die beiden jetzt trennen, die dürfen sich dann gerne wie Romeo und Julia vorkommen. Ich bin der Überzeugung, dass mein „eigentlich“ nicht mehr nur zaghaft fiepen sollte!

Ein „eigentlich“ darf sich stark machen! Ein „eigentlich“ darf auch mal auf sein Recht pochen und sagen: „Das ist wirklich nicht gut!“ oder „Das ist ausdrücklich so zu verstehen!“ oder „Das ist meine ganz ursprüngliche Art!“ und auch „In Wirklichkeit weißt Du selbst, dass Du nicht an Dir zweifeln brauchst!“

Eigentlich sind wir alle ganz schön großartig, wenn wir gut auf uns hören…

Könnten wir eigentlich öfter machen.

Mit freundlichen Grüßen

Fräulein Bork

P. S.: Ich dachte immer, „Eigenbrötler“ heißen so, weil die in ihrem eigenen Saft brodeln und zu wenig Input von außen erhalten. Nun sagte mir das etymologische Wörterbuch, wie es sich wirklich und eigentlich verhält:

Eigenbrötler m., auch Eigenbrödler ‘Sonderling, Einzelgänger’, literatursprachlich seit dem ersten Viertel des 19. Jhs., zuvor im Alem. ‘einen selbständigen Haushalt führender Junggeselle’ (ursprünglich ‘wer selbst sein Brot bäckt’, vgl. mhd. eigen brōt ‘eigenes Hauswesen’ und frühnhd. einbrodig ‘sein eigenes Brot, seinen eigenen Herd habend’, 15. Jh.).“

Wieder was gelernt!

Schilder regeln unser analoges Leben – und ich will Ihnen vertrauen können!

„Geduld ist der Seele Schild.“ (Deutsches Sprichwort)

Sehr geehrte Leserschaft,

„Hallo“, sage ich in den Hörer, „Ich hatte ein Anruf-Sammel-Taxi bestellt und irgendwie kommt es nicht und es ist unglaublich gruselig hier, alle Leute sind weg, ich bin ganz alleine hier an der Haltestelle und es ist kalt und dunkel und ich wollte einfach fragen, ob es noch kommt oder ob es da ein Problem gibt.“

„Ja, wo waren Sie denn?!“

„Wie, wo war ich denn?! Ich war hier. Die ganze Zeit.“

„Nein.“

„Doch.“

„Der Fahrer sagt, Sie sind nicht zum Taxistand gekommen.“

„Nein. Ich stehe seit 20 Minuten an der Haltestelle für das Anruf-Sammel-Taxi (AST) 38, weil ich das AST38 für vor 10 Minuten bestellt habe. Da scheint es doch logisch, an der Haltestelle zu warten, direkt neben dem Schild wo AST38 drauf steht!“

„Die Sammeltaxis fahren aber nicht von den Haltestellen, sondern immer vom Taxistand.“

„?!“

„Ok, ist ja jetzt auch egal. Bleiben Sie wo Sie sind, ich schicke den Kollegen nochmal zu Ihnen.“

„Ich stehe direkt neben dem Schild.“

„Ja.“

„Von wegen: ’nochmal’…“

Fünf Minuten später bin ich komplett durchgefroren.

Der Taxifahrer kommt und sagt, als ich die Tür öffne: „Ich habe wirklich lange gewartet!“

Ich bin schon ziemlich schmallippig: „Ich war die ganze Zeit hier. Hier, wo das Schild steht. Hier, wo der Fahrplan hängt. Hier, wo die designierte Haltestelle ist!“

„Aber die Sammeltaxis fahren immer vom Taxistand.“

„Aber da war kein Schild.“

„Aber wir machen das immer so.“

„Aber woher soll ich das wissen? Woher sollen die Leute das denn wissen?“

„Wir machen das immer so. Nächstes Mal wissen sie es.“

Schilder regeln unser analoges Leben – und ich will Ihnen vertrauen können!

Schilder regeln unser analoges Leben – und ich will Ihnen vertrauen können!

„Hm.“ Ich steige ein. Ich bin total sauer aber ich will nach Hause und endlich nicht mehr frieren. Ich setze mich nach hinten ins Taxi und merke erst da, dass ich mir die Rückbank mit der unfreundlichen Frau mit dem süßen kleinen Hund teilen muss, die bei mir um die Ecke wohnt.

Na toll!

Unfreundliche Menschen sollten überhaupt keine niedlichen Hunde haben. Damit ist niemandem gedient. Wenn man nicht angesprochen oder angelächelt werden möchte, ist es einfach ungünstig einen knuffeligen, lebensfrohen Welpen mitzuführen. Ich weiß wovon ich spreche, ich habe ein überaus niedliches Kind und ich werde auch permanent von Fremden angesprochen. Ist meistens gar nicht so schlimm. Oft gibt es sogar Geschenke für den Thronfolger. Neulich hat ihm ein netter Mann 30 Edelstahl-Grillspieße geschenkt. Etwas verwirrend, aber der Göttergatte, als einer der beiden rechtmäßigen Vermögensverwalter unseres Sprösslings, hat sich sehr darüber gefreut.

Ich bin immer noch sauer auf das Taxiunternehmen. Ich bin recht Schilder-folgsam. Ich parke nicht da, wo man nicht parken darf, ich füttere keine Enten, die ich nicht füttern soll und ich warte auf öffentliche Verkehrsmittel an den gottverdammten dafür vorgesehenen Haltestellen.

Ich hasse es, wenn die Dinge nicht so ablaufen, wie sie sollten. Dabei ist der Taxistand tatsächlich ein wesentlich besserer Abfahr-Punkt für das AST38. Längst nicht so weit weg vom S-Bahnsteig und längst nicht so nah am Waldrand, also wesentlich weniger gruselig. Ich bin ja nicht für eine sture Regelbefolgung, nur um der Regel willen, aber eine Neuerung sollte doch ordentlich und nachvollziehbar eingeführt werden.

„Malen Sie doch ein Schild.“, sage ich zum Sammel-Taxi-Fahrer, „’Abfahrt AST38 hier.’“

„Aber alle Leute wissen das.“, sagt der. Die unfreundliche Frau und der süße Hund nicken.

„Es kann doch nicht sein, dass ich die Einzige bin, die an der offiziellen Haltestelle gewartet hat.“, rufe ich. Betretenes Schweigen. Ich bin überzeugt, dass diese Menschen keine Ahnung von der Dunkelziffer der Leidtragenden haben. Es ist ja nicht jeder so kommunikationsfreudig wie ich.

Ich bin wohl gezwungen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen…

Fräulein Bork regelt mit einem kleinen Schild die Welt zum Besseren...

Fräulein Bork regelt mit einem kleinen Schild die Welt zum Besseren…

Vielleicht mache ich demnächst eine Crowdfunding-Aktion für ein wetterfestes, ordentliches Schild.

Mit wegweisenden Grüßen

Fräulein Bork

P.S.: Hier noch mein neues Lieblingsschild:

so wahr!

so wahr!

Ich glaube, Schilder sind mein neues Hobby.

Wer ein schönes oder lustiges Schild fotografiert hat, sendet es bitte an: post @kopflichter.de

Es wäre mir ein inneres Kirschblütenfest!

Fräulein Bork surft auf der Welle der vermeindlichen Pflichterfüllung!

„Der Schlüssel zum Scheitern ist der Versuch, es allen recht zu machen.“ (Bill Cosby)

Sehr geehrte Leserschaft,

„Wir müssen reden.“, sage ich zu den Glücks-Socken.

Die Glücks-Socken liegen immer noch in der Ecke, in die ich sie, gestern Nacht vor dem Zubettgehen, warf. Sie wirken zerknirscht.

„Das lief ja gestern nicht so optimal.“, fahre ich fort, „um ehrlich zu sein: das war ein totaler Scheiß-Tag.“. Die Glücks-Socken bleiben stumm. Und was soll man auch dazu sagen? Sie wissen es, ich weiß es: als Glücks-Socken haben sie ausgedient!

Ich bekomme oft Probleme, weil ich versuche, es allen recht zu machen. Und so sehr ich intellektuell weiß, dass das nicht möglich ist, so unnachgiebig spornt mich mein Bauchgefühl an, es trotzdem zu versuchen.

Es endet aber regelmäßig im Desaster.

Regelmäßig.

Desaster!

Als Frau bin ich dafür anfälliger als männliche Mitmenschen. Das ist auch so ein Erziehungsding.

Aber trotzdem habe ich ja die Verantwortung für mich. Und ich bin jetzt schon groß – also höchste Zeit, das Ganze irgendwie aus dem System zu bekommen!

Experten empfehlen:

  • Nicht immer gleich antworten – vorher kurz nachdenken: Kann ich das wirklich schaffen, was ich zusage? Oder will ich nur gerne, das es klappt? Der Tag hat nämlich nur diese mickrigen 24 Stunden, die sowieso schon hinten und vorne nicht reichen!

  • Oder auch: Will ich das wirklich, oder mach ich das nur XY zuliebe? Man kann auch gerne mal jemandem einen Gefallen tun, aber dann klarstellen: „Ich mache das jetzt für Dich, weil Du mich darum bittest.“ oft merkt der/die andere gar nicht, dass er/sie uns strapaziert.

  • Auch ab und zu mal kommunizieren: „Ich mache das, weil ich das Gefühl habe, dass Dir das wichtig ist“ und – ganz wichtig – einmal nachfragen: „Ist das so?“ Oft bemüht man sich nämlich aneinander vorbei und hinterher ist keiner so richtig zufrieden.

Fräulein Bork surft auf der Welle der vermeindlichen Pflichterfüllung!

Fräulein Bork surft auf der Welle der vermeindlichen Pflichterfüllung! (Hintergrund-Foto von Francesco Canu)

Im Grunde habe ich wahnsinnige Angst davor, andere zu enttäuschen und manövriere mich dadurch immer wieder in einen wahnsinnigen Stress, indem ich versuche, alles möglich zu machen, von dem ich glaube, dass andere es erwarten.

Irgendwie kontraproduktiv, weil ich damit auch eine gewisse Erwartungshaltung schüre.

Und dann surfe ich quasi so auf einer Welle der Dinge, die zu erledigen sind, und wackle so hin und her und bin selbst total beeindruckt, was ich alles hinkriege – bis ich einen Bauchplatscher mache, mal spektakulär, mal eher so im Stillen.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke habe ich den Glücks-Socken da vielleicht auch zu viel aufgebürdet. Die haben ja auch nur begrenzte Macht.

Ich denke, ich sollte ihnen vielleicht noch eine Chance geben.

Im folgenden Video sieht man unsere Diskussionsrunde, von Mensch zu Socke…

Mit freundlichen Grüßen

Fräulein Bork

Mehr Nachsicht! Das wird mir wirklich schwer fallen...

„Beim Training Bio-blümchen küssen…“ (Vorsatzomat.ch)

Sehr geehrte Leserschaft,

es gibt für alles und jeden kleine Helferlein im Internet.

Das ist fantastisch! Wer noch keine stimmigen Vorsätze für das Neue Jahr gefasst hat oder wer sich einfach blöd dabei vorkam, schon wieder unter dem Feuerwerk zu sagen: „Ich will unbedingt mehr Sport machen und nicht mehr so viel Stress haben!“, der kann sich beim Vorsatzomat.ch noch ein paar originelle Ideen abholen, dort lassen sich nämlich die guten Vorsätze automatisch generieren. Wie zum Beispiel der obige Vorsatz.

Das Jahr ist schließlich noch blütenfrisch, noch können wir alles sein, alles machen und werden!

Etwa „Öfters ulkige Experten necken!“ oder auch: „Wöchentlich Premium-Yuppies schlucken!“.

Ich blinzele noch etwas unbeholfen in das Neue Jahr hinein.

Ich habe noch nicht annähernd genug Kaffee getrunken und gleich ist schon wieder Schlafenszeit.

Ich habe mir aber drei tolle Sachen für das Neue Jahr vorgenommen!

Und damit ich mich das ganze Jahr daran erinnere und nicht nur in der ersten Januarwoche, habe ich mir drei symbolhafte Gegenstände aus meinem Arbeitszimmer gesucht, die von nun an als Stellvertreter und Mahnmale fungieren sollen.

Hoffentlich werden sie irgendwann sogar Trophäen sein, wenn ich endlich gelernt habe, wie man das macht, was ich mir als Ziel gesetzt habe…

Mehr Nachsicht! Das wird mir wirklich schwer fallen...

Mehr Nachsicht! Das wird mir wirklich schwer fallen…

1. Nachsicht

Ich werde nämlich total oft sauer auf mich und andere. Ich bin gelegentlich grundlos perfektionistisch und stehe mir dadurch oft selbst im Weg oder ich verausgabe mich über die Maßen, um meinen Erwartungen an mich selbst gerecht zu werden.

Wenn ich dann im Kontrast sehe wie gedankenlos manche Menschen durchs Leben kurven oder wie manche nicht für zwei Pfennig versuchen, sich in Ihr Gegenüber mal hinein zu versetzten, dann werde ich unsagbar wütend.

Manchmal bringt mich das Verhalten anderer so zur Weißglut, dass ich nicht einschlafen kann.

Ich brauche aber meinen Schlaf. Ich möchte lernen, nachsichtig zu sein und mich nicht mehr so aufzuregen. „Ist das gerade Absicht oder Unvermögen?“ werde ich mich öfter fragen und: „Kommt gerade wirklich jemand zu Schaden, oder kann ich das auf sich beruhen lassen?“. Genauso eine berechtigte Frage: „Ist es notwendig, dass das perfekt ist?“

Dieser komische Vogel hat sie: die komplette Übersicht!

Dieser komische Vogel hat sie: die komplette Übersicht!

2. Übersicht

An anderen Tagen wächst mir einfach alles über den Kopf und ich verliere die Übersicht. „Was ist jetzt wirklich wichtig?“, möchte ich mich öfter fragen.

Außerdem möchte ich mehr Grundordnung in mein kreatives Chaos bringen und herausfinden, was ich wirklich brauche. Ich habe eventuell zu viel Zeug.

Ich habe mit ziemlicher Sicherheit zu viel Zeug.

Ich kann schwer loslassen.

Mehr Zuversicht: So entspannt möchte ich gerne des Öfteren Aussehen!

Mehr Zuversicht: So entspannt möchte ich gerne des Öfteren Aussehen!

3. Zuversicht

Ich bin einfach oft so angespannt!

Himmel! Ich möchte mir viel lieber ganz ernsthaft die Frage stellen: „Was ist denn das Schlimmste, was passieren kann?“ Und oft merkt man: eigentlich ist die Situation gar nicht so bedrohlich, dass man dermaßen in Stress geraten müsste. Ich möchte dem Neuen Jahr mit mehr Zuversicht und Gelassenheit begegnen.

So weit, so gut.

Und alle, die wie ich das Jahr 2015 langsam angehen lassen, und die dementsprechend noch keine Marzipan-Glücksschweinchen für Freunde und Verwandte gekauft haben, können jetzt hier mal etwas mit mir ausprobieren: Im folgenden Video zeige ich nämlich, wie man Neujahrsbrotringe zum Verschenken anfertigt. Eine ziemlich klebrige Angelegenheit. Außerdem stelle ich mein neues Musikinstrument vor!

(Wer hier kein Video sieht, muss auf www.kopflichter.de wechseln)

Mit fulminanten Grüßen

Fräulein Bork

„Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach, sagt man. Der Spatz ist völlig anderer Meinung.“ (Robert Lembke)

Sehr geehrte Leserschaft,

Jetzt kommt die schwere Zeit auf uns zu: vorvorgestern habe ich die Kiste mit dem Weihnachtsschmuck aus dem Keller geholt!

Jetzt steht immerhin der Adventskranz leuchtend da – weiter bin ich bislang nicht gekommen.

Ach ja, und der Göttergatte und ich haben selbst befüllte Adventskalender ausgetauscht. Gestern hätte ich mir beim Strecken nach dem vierten Säckchen meines Adventskalenders fast einen Hexenschuss zugezogen. Die Adventskalender hängen dieses Jahr bei uns hoch oben – so hoch oben wie in jeder anständigen Gegend die REP-Plakate im Wahljahr hängen müssen, weil sie sonst von anständigen, aufmüpfigen Bürgern heruntergeholt und massakriert werden – bei uns hat das aber andere Gründe: der Thronfolger kann jetzt laufen, greifen – und massakrieren…

Ich muss sagen: Ich genieße die Adventszeit sehr und mittlerweile quasi an Stelle von Weihnachten, denn Weihnachten steckt so voller Leistungsdruck.

Der Advent ist zwar auch nicht so ganz ohne, weil man vieles noch „in diesem Jahr“ gebacken bekommen muss und auch ständig mit einem Bein im Amazon-Einkaufswagen steht – aber immer noch flexibler, länger, nicht sooo wichtig – und dadurch entspannter als Weihnachten.

Da haben wir uns wirklich ganz schön was eingebrockt mit diesem „Fest der Liebe“ – ich berichtete bereits in den Vorjahren dazu ist nun eigentlich alles gesagt – die geneigte Leserin und der geneigte Leser frischen sich bitte im Archiv das Gedächtnis auf und können auf diese Weise hoffentlich dem Fest mit heiterer Gelassenheit begegnen.

Ich möchte statt dessen über Sprache sprechen. Gerade fiel mir nämlich ein, dass die Gesellschaft für deutsche Sprache doch immer dieses „Wort des Jahres“ kürt – und da wollte ich gerne in diesem Jahr einen Beitrag leisten und ein Wort vorschlagen!

Das geht aber nicht, denn vor vier Tagen war Einsendeschluss für 2013. Verdammt!

Der geneigte Leser und die geneigte Leserin verzeihen bitte mein Gefluche.

Gott sei Dank hatte ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, welches Wort ich vorschlagen würde. Das wäre eine große Verschwendung von Hirnkapazität gewesen, wie ich sie mir nicht leisten kann.

Gegen die Verschwendung von Gehirnkapazitäten!

Gegen die Verschwendung von Gehirnkapazitäten!

Wenn einem die Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten, durch die Lappen gegangen ist, kann man ja immer noch zurückschauen und sich mit der Vergangenheit beschäftigen.

Das allererste Wort des Jahres war „aufmüpfig“ und zwar für das Jahr 1971. Damals war das noch gar nicht als jährliches Event geplant, erst für 1977 gab es wieder ein Wort des Jahres („Szene“) und ab da erst regelmäßig, jedes Jahr.

„Aufmüpfig“ ist ein tolles Wort, weil es so niedlich ist – ich liebe ja das Niedliche.

Gleichzeitig ist es ein furchtbares Wort, weil diejenigen, die man gerne als aufmüpfig bezeichnet, es in der Regel gar nicht niedlich meinen, sondern sehr ernst. Mit so einem niedlichen, harmlosen Wort zeigt man den Aufständischen dann gleich: Du kleiner Spatz! Du kannst mir gar nichts!

Aber 1971 ist eine ferne Welt – zumindest für mich, denn ich war noch nicht dabei. Vielleicht hatte damals „Aufmüpfigkeit“ noch nicht so einen niedlichen Charakter.

Im Fernsehen lief aber „Dalli Dalli“.

Ein Liter Normalbenzin kostete 59 Pfennige. Das „Tor des Monats“ wurde erstmals in der Sportschau gekürt und zum ersten Mal durfte eine Frau im bundesdeutschen Fernsehen die Nachrichten sprechen, also vorlesen. Es war die aufmüpfige Wibke Bruhns.

In der DDR war dies schon acht Jahre früher geschehen, mit Annerose Neumann – aber von dort wollte sich der Westen wohl nichts abschauen.

Einen netten Film-Beitrag hierzu, kurioserweise auf englisch, finden die geneigte Leserschaft hier.

1971 war auch ein begeisterndes Filmjahr, in dem man in deutschen Kinos „Catch 22“, „Dirty Harry“ und „Love Story“ sehen konnte. Die meisten Zuschauer besuchten allerdings „Aristocats“ von Walt Disney.

Das ist aber auch irgendwie unfair, weil man die Kinder ja schlecht alleine ins Kino schicken kann, also immer noch Erwachsene mitgehen und mitgezählt werden. Obwohl: Damals hat man das mit der Aufsichtspflicht ja längst nicht so genau genommen wie heute.

Doch weil der Film nun einmal so beliebt war, hier ein kleiner Ausschnitt mit aufmüpfigen Katzenkindern, die auf die rechte Bahn gebracht werden:

Selbstverständlich kann ich es kaum erwarten, dass auch der Thronfolger Klavier spielen lernt und wir des Morgens gemeinsam musizieren, ich spiele ihm schon jetzt jeden Morgen ein gerüttelt Maß klassischer Musik vor – allein… was, wenn der Thronfolger statt dessen ein aufmüpfiger Unruhestifter wird?

Genaugenommen ist er das ja jetzt schon.

Und eigentlich ist er da ja auch in guter Gesellschaft, schließlich ist unsere Gesellschaft bereits seit 1971 offiziell aufmüpfig.

Wir müssten nur mal etwas mehr daraus machen…

Wer seinen Unmut in konstruktive Bahnen lenken will, der kann sich ja schon mal ein Unwort des Jahres 2013 überlegen: da läuft nämlich die Einsendefrist noch bis zum 31. Dezember!

Mit freundlichen Grüßen

Fräulein Bork

P.S.: Einen schönen Artikel über Wörter und Unwörter des Jahres findet die geneigte Leserschaft hier.

P.P.S.: aufmüpfige Katzenkinder lernen den Swing!